Wie beschreibt man Etwas, für das man keine Worte findet? Das so anders ist als Alles was man bis jetzt gesehen hat. So weiß, so grau, so blau, so hell, so dunkel, so farbenreich, so leise und gleichzeitig so laut.

Das frage ich mich seit dem ersten Tag mit Landgang und dem ersten richtigen antarktischen Donner. Wenn einer der unzähligen Gletscher kalbt oder eine Lawine losgeht, dann scheint die Welt noch weiter entfernt zu sein als mir meine Augen sowieso schon weismachen wollen. Wüsste ich nicht, dass wir mit einem Schiff übers Meer hergekommen sind, könnten wir auch mit dem Raumschiff auf einem anderen Planeten oder in einer anderen Zeit gelandet sein.

So anders ist es. Die Luft, die Landschaft, das Licht.

Die Zeit auf der Peninsula Halbinsel und dem Kontinent verbringen wir mit zwei Landungen oder Cruisings pro Tag. Jeweils morgens und mittags geht es für ein paar Stunden an Land oder mit dem Zodiac (Erkundungsboot) zum Whalewatching bzw. auf eine Tour durch das unglaublich klare Polarwasser, vorbei an Eisbergen die in allen möglichen Blautönen strahlen und sich kontinuierlich bewegen. An Land beobachten wir Pinguine, wandern durch Schnee-, Eis- und Steinlandschaften, erkunden vor mehr als 60 Jahren verlassene wissenschaftliche Stationen und unheimliche Walölfabriken aus dem letzten Jahrhundert, in Kratern von Vulkanen so groß wie eine Kleinstadt. Ich suche mir immer wenn sich die Möglichkeit ergibt einen Platz für mich zum Alleine sein, Staunen und Hören. Staunen über die Farben- und Lichtspiele und Hören der geräuschvollsten Stille die man sich vorstellen kann.

Neben den vielen wissenschaftlichen Vorträgen die zur Geschichte, politischem Hintergrund, Recht, Umweltschutz, den Meeresbewohnern, den Vögeln und der allgemeinen Schifffahrtkunde vom wissenschaftlichen Team geleitet werden, wird auch jeder Ausflug in kleinen Gruppen mit Tonnen an Informationen angereichert, so dass sich der Kopf abends ziemlich vollgestopft anfühlt. Allerdings toll vollgestopft. Mit Wissen das man sich bestimmt irgendwo anlesen, hier aber mehr als hautnah erleben kann.

Fast täglich werde ich von Pinguinen angerempelt und gewähre brav Vorfahrt auf einem der unzähligen Pinguin-Highways, die die Kolonien durchziehen und die ich mit meinen Mitreisenden in unseren geliehenen Schneeboots und Wanderstöcken entlanglaufe. Wie eine Horde Minions staksen wir mit unseren gelben Winterjacken durch die Gegend und wirken aus der Ferne betrachtet wie eine eigene kleine Pinguinkolonie. Sowohl beim Verlassen als auch beim Wiedereinstieg aus den Zodiacs ins Schiff müssen die Boots gewaschen und desinfiziert werden. Es geht darum keine Keime oder Sonstiges mit auf diesen größtenteils unberührten Kontinent zu bringen. Beim Zurückkommen ist der Grund allerdings ein anderer. So wunderschön, lustig und beeindruckend die Pinguine sind, so sehr stinken die kleinen Scheißer und wenn man nach dem Landgang nicht in der eigenen Kabine ersticken will, ist Putzen der Schuhe angesagt.

Meinen Schlafplatz teile ich mir mit einer Französin und zusammen mit dem restlichen Jungvolk auf dem Schiff (das sind nicht viele) aber auch den älteren Generationen und ihren spannenden Lebensgeschichten, verbringen wir eine bewegende Zeit am untersten Ende der Welt und versuchen gemeinsam zu verarbeiten, was uns hier jeden Tag aufs Neue aus den Thermosocken haut.

Ich freue mich über jedes meiner Fotos (die qualitativ am unteren Ende der hier geschossenen Lichtbilder rangieren), habe aber das Gefühl, dass ich keine Fotos oder Bewegtbilder brauche um mich später daran zu erinnern.

Zum Beispiel der Moment in dem die große Orca-Familie nach und nach neben dem Schiff auftaucht um Luft zu holen und dann wieder majestätisch ins Wasser abtaucht… Oder als das kleine Pinguinchick auf mich zuwatschelt, in mein Bein pickt und ein paar Minuten stehen bleibt um mich von unten anzugucken… Oder als wir mit dem Schiff den wunderschönen Lemaire-Channel durchqueren… Diese und andere Szenen haben sich für immer auf meine Netzhaut gebrannt.

 

The Thing that is most beautiful about Antarctica for me is light. It´s like no other light on Earth, because the air is so free of impurities. You get drugged up by it, like when you listen to one of your favorite songs. The light there is a mood-enhancing substance.

John Krakauer