Wenn es eine Stadt in den USA gibt, die ich gerne mal sehen würde, dann ist das San Francisco. Als ich Flugverbindungen nach Asien suche, ist es also diese Metropole die an erster Stelle steht als Möglichkeit für einen Stop, bevor es weitergeht nach Vietnam.

Und meine Suche ist erfolgreich.

Managua – San Francisco – Hanoi.

Einmal bitte drei Kontinente in fünf Tagen.

Südamerika – Nordamerika – Asien.

Einmal bitte einen Kulturschock.

Ob es dann wirklich einer wird, das stellt sich noch heraus.

In den Straßen von Little Italy

Ich tippe diese Fernabwesenheitsnotiz im 11h-Flieger nach Seoul in Südkorea und bis jetzt ist er noch nicht da. Aber ich war die letzten 4 Tage auch zu sehr damit beschäftigt den Inhalt meines Rucksacks auszutauschen, mich mit neuen Klamotten und so weiter einzudecken, jede Menge Essen das nicht zu den gesundesten Varianten gehört (dafür aber nichts mit Reis und Bohnen zu tun hatte) zu genießen und das wirklich wunderbare San Francisco und die Dinge die auf meiner Liste standen zu entdecken. Da blieb keine Zeit mich in Gedanken zu verlieren und den Schock überhaupt erst aufkommen zu lassen. 

Schulhof in San Francisco

Klar, alles ist auf den ersten Blick aufgeräumter, die Shoppingmöglichkeiten sind unfassbar, Spanisch ist nicht mehr allgegenwärtig und es beschäftigt mich einen großen und mich verändernden Teil meiner Weltreise abzuschließen. Aber all das passiert in dem Bewusstsein, dass das zwar unterschiedlich ist, was allerdings in ein paar Tagen kommen wird, ist eine andere Hausnummer, eine ganz andere Welt und dafür werde ich wohl mehr Platz zum Verarbeiten im Kopf brauchen. Deshalb und weil ich ab der ersten Minute in der ich mein Hostelzimmer betrete wundervolle Gesellschaft habe, die mich ablenkt, sitze ich ziemlich aufgeräumt in Flugzeug Nummer eins nach Vietnam.

Streetart ist in San Francisco allgegenwärtig

San Francisco gilt als offenste und liberalste aller Städte in Amerika.

Die Hippiebewegung hat hier ihren Ursprung, sowie die politischen Proteste gegen den unsäglichen Vietnamkrieg und auch heute noch ist San Francisco Zentrum von kritischer Auseinandersetzung mit dem was so passiert in den USA. Es passiert im Moment ja auch eine Menge mit einem größenwahnsinnigen, fremden- und frauenfeindlichen Präsidenten. Ohne einmal selbst davon anfangen zu müssen, quasselt jede/r sobald gefragt wurde von wo du kommst entschuldigend drauf los und versichert das es eigentlich niemanden geben dürfte der diesen Typen gewählt hat. Naja, so ganz kann das nicht stimmen, sonst wäre er nicht da wo er jetzt sitzt.

Nicht das einzige mal, dass ich solche Schilder sehe und mich darüber freue.

Vor 50 Jahren fand hier der „Summer of Love“ statt, der insgesamt 3 Jahre dauerte. Und das wird 2017 sogar einen ganzen Monat lang als offizieller Festakt gefeiert. Kathy, eine liebenswerte Touranbieterin mit der wir einen halben Tag auf einer hochpolitischen und interessanten Führung durch den LGBT-Stadtteil Castro verbringen, drückt es mit vor Stolz geschwellter Brust und breitem Grinsen im Gesicht so aus: „Könnt ihr euch das vorstellen? 3 Jahre lang: Liebe, Sex, Essen und Drogen umsonst. Wie toll ist das?“ Dem hat keine/r von uns mehr als ein Schmunzeln hinzuzufügen.

Unsere Tour führt uns durch die Straßen von Castro… und das war der beste Cookie meines Lebens.

Bevor allerdings die Hippies und ihr Geist in San Francisco eingezogen sind, musste eine Gruppe von Lyrikern den Weg mitbereiten. Die Herren der Beatbewegung. Anfang der 1950er sind es Menschen wie Allen Ginsberg, Jack Kerouac und William S. Burroughs die mit Gedichten wie „Howl“ und Romanen wie „On the Road“ im prüden Amerika eine Revolution und somit die Hippieära vorbereiten. Und das in San Francisco. Ihre Werke landen auf der Liste der „Banned Books“ (Verbannte/Verbotene Bücher), aber wie es immer ist mit Verboten: Sie machen Dinge erst interessant. Und so erneuern die Beatniks, wie sie auch genannt werden, nicht nur die amerikanische Dichtkunst sondern sind Wegbereiter für tatsächliche Umbrüche im Land. Eine der berühmtesten Buchhandlungen der Welt, die auch heute noch für brisante Buchveröffentlichungen steht – „City Light Books“ – befindet sich in Little Italy und ich muss mich als ich dort bin und den schweren Geruch von tausenden von Büchern in mich einsauge schwer zusammenreißen nicht in einen Kaufrausch zu verfallen. Ich schaffe es sogar nur eins mitzunehmen, das eben schon erwähnte Gedicht „Howl“ (Heulen) von Allen Ginsberg im Originaleinband. Ehrenplatzverdächtig.

Allen Ginsberg – eines der wenigen Bilder aus den 1960ern auf denen er angezogen ist.

 

Ansonsten besuche ich noch ganz viele andere tolle Orte.

Achtung, mindestens zweimal folgt jetzt Unnützes Wissen über San Franzisco:

 

Fishermans Warf, Waterfront und Pier 39 – die Bucht von San Francisco.

Wusstet ihr, dass es hier einen Souveniershop von „Bubba Gump Schrimps“ gibt, der Schrimpfirma von Forrest Gump aus dem gleichnamigen Film? Ich melde mich mal bei – Nein. Aber ich freue mich wie ein Kleinkind darüber. “Dumm ist der, der Dummes tut” = Wahrheit.

 

Full House

Die Serie „Full House“ wurde in San Francisco gedreht und hat mich durch meine Kindheit begleitet. Aber das es eine Frontansicht von Häusern im Trailer der Serie gibt, die nicht mit dem eigentlichen Haus in dem gedreht wurde übereinstimmt, war mir neu. Beides musste ich natürlich besuchen.

 

Chinatown

…und die älteste und wahrscheinlich kleinste Glückskeksfabrik der Welt. Wusstet ihr, dass Glückskekse in San Francisco erfunden wurden und es sie gar nicht in China gibt? Also ich wusste das nicht.

 

Independence Day

Der 04. Juli (Unabhängigkeitstag der USA) wird in San Francisco traditionell mit Feuerwerk und viel Alkohol gefeiert. Hätte ich das mal gewusst bevor ich den Flieger gebucht habe… um ganz ehrlich zu sein, weiß ich das mit dem 04. Juli schon, aber seit Monaten musste ich kein bestimmtes Datum außer Geburtstage aus meinem Kopf hervorkramen. Das war also eine nette Überraschung für mich und in San Francisco gar nicht mal so patriotisch.

 

Alcatraz und die Golden Gate Bridge

Wusstet ihr, dass es tatsächlich drei Insassen geschafft haben sollen, an Haien vorbei vom Felsen („The Rock“) zu fliehen. Zwei von ihnen waren Brüder und haben angeblich ihrer Mum Blumen zu jedem Muttertag geschickt und an ihrer Beerdigung als Frauen verkleidet teilgenommen. Und das die Farbe der Brücke „International Orange“ ist und gar nicht danach aussieht? Wieder Negativ bei mir.

 

Hügel

San Francisco besteht aus 44 Hügeln, die bis zu 31,5 % Gefälle vorzuweisen haben und zählt deshalb als schwierig zu erlaufende Stadt. Spätestens seit meine Knie von alleine abfallen wollen, ist mir das bewusst.

 

Castro

… der LGBT-Stadtteil, der weltweit bekannt ist als Platz für Diversität und sexuelle Freiheit. Wusstet ihr, dass Harvey Milk, erster offen schwuler Politiker in den USA hier gelebt und nicht nur den Stadtteil zu dem gemacht hat was er heute ist, sondern bis zu seinem Tod durch ein Attentat und weit darüber hinaus den Weg für Gleichberechtigung bereitet hat? Okay, das wusste ich.

Wandbild und Lehrauftrag an der Harvey Milk Schule in Castro

So. Genug klug geschissen…

Es war echt cool in San Francisco. See you.